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Roger Wolf authoredRoger Wolf authored
Hinweise für den Versuch Kreisel
Aufgabe 2: Kardanisch gelagerter Kreisel [4/4]
Hinweise zur Durchführung
Aufgabe 2.4
Die Trägheitsmomente \theta_{x}', \theta_{y}' und \theta_{z}' lassen sich aus den Messungen der Aufgaben 2.2 und 2.3 auf zweierlei Art und Weise bestimmen:
- Zum einen, indem an alle Messungen als unabhängig betrachtet und die gesuchten Größen daraus Schritt für Schritt extrahiert (Methode-1).
- Zum anderen, indem man, mit Hilfe der Multifit Methode aus kafe2, ein gemeinsames zugrundeliegendes Modell gleichzeitig an alle Messungen anpasst (Methode-2).
Methode-2 ist zwar technisch anspruchsvoller, es ist jedoch die bessere Methode, weil sie es erlaubt, alle Messpunkte gleichzeitig für die Bestimmung von drei gesuchten Parametern zu nutzen. Nach Methode-1 kann man immer nur einen Bruchteil der aufgezeichneten Messpunkte zur Bestimmung einzelner Parameter nutzen, deren individuelle statistische Unsicherheiten dadurch größer sind.
Methode-1
Schritt-1:
Hierbei nutzen Sie zunächst die Messung von \omega_{N} als Funktion von \omega zur Berechnung von \theta_{x}' nach Gleichung ((1) hier) \begin{equation} \omega_{N} = \omega\,\frac{\theta_{z}^{\prime}}{\sqrt{\theta_{x}^{\prime}\,\theta_{y}^{\prime}}}. \end{equation} Dabei nutzen Sie die Messung einmal mit und einmal ohne Zusatzgewichte, um die Ambiguität zwischen \theta_{x}', \theta_{y}' und \theta_{z}' in der Steigung der jeweiligen Ursprungsgeraden aufzuheben.
Zunächst bestimmen Sie die Steigungen m_{1} und m_{2} mit und ohne Zusatzgewichte: \begin{equation*} \begin{split} &\omega_{N} = \mu_{i}\,\omega; \\ &\\ &\mu_{1} = \frac{\theta_{z}'}{\sqrt{\theta_{x}'\,\theta_{y}'}}; \qquad \mu_{2} = \frac{\theta_{z}'}{\sqrt{(\theta_{x}'+\theta_{\mathrm{Z}})\,\theta_{y}'}}; \\ &\\ &\text{mit dem bekannten Tr\"agheitsmoment:} \\ &\\ &\theta_{\mathrm{Z}} = 2\,\left(\frac{1}{2}m_{\mathrm{Z}}\,r_{\mathrm{Z}}^{2}+m\,\ell^{2}\right), \end{split} \end{equation*} wobei m_{\mathrm{Z}} der Masse und und r_{\mathrm{Z}} dem Radius der jeweils baugleichen Zusatzgewichte und \ell dem Abstand der Schwerpunkte der Zusatzgewichte von der Symmetrieachse des Kreisels entsprechen.
Aus dem Quotienten \begin{equation*} \begin{split} &\frac{\mu_{1}}{\mu_{2}}=\sqrt{\frac{\theta_{x}'}{\theta_{x}'+\theta_{\mathrm{Z}}}}; \\ &\\ &\theta_{x}' = \frac{\theta_{\mathrm{Z}}}{\frac{\mu_{2}^{2}}{\mu_{1}^{2}}-1} \\ \end{split} \end{equation*} lässt sich \theta_{x}' bestimmen.
Schritt-2:
Das Trägheitsmoment \theta_{z}' lässt sich aus der Messung aus Aufgabe 2.3 nach Gleichung ((3) hier) bestimmen: \begin{equation} T(\omega) = \frac{2\pi\,\theta_{z}'}{m_{\mathrm{Stab}}\,g\,s}\,\omega = \kappa \,\omega, \end{equation} wobei m_{\mathrm{Stab}} der Masse und und s dem Abstand des Schwerpunkts des Stabs vom Schwerpunkt des Kreisels und g der Erdbeschleunigung entsprechen. Aus \kappa erhalten Sie \theta_{z}' aus der Gleichung:
\begin{equation*} \theta_{z}' = \frac{m_{\mathrm{Stab}}\,g\,s\,\kappa}{2\pi}. \end{equation*}
Schritt-3:
Mit dem Wissen um \theta_{x}' und \theta_{z}' können Sie nun \theta_{y}' am einfachsten aus der zuvor bestimmten Steigung \mu_{1} bestimmen: \begin{equation*} \begin{split} & \mu_{1} = \frac{\theta_{z}'}{\sqrt{\theta_{x}'\,\theta_{y}'}}; \qquad \theta_{y}' = \frac{\theta_{z}^{\prime\,2}}{\mu_{1}^{2}\,\theta_{x}'}. \\ \end{split} \end{equation*} Beachten Sie, bei einer Berechnung der Trägheitsmomente auf diese Weise die Fortpflanzung der Unsicherheiten einschließlich der Bestimmung systematischer Unsicherheiten!
Methode-2:
Für die Bestimmung von \theta_{x}', \theta_{y}' und \theta_{z}' nach Methode-2 übergeben Sie die Datenpunkte aus den Aufgaben 2.2 und 2.3 an die MultiFit
-Funktion aus dem Programm-Paket kafe2 und definieren die Modelle direkt nach Gleichung ((1) hier) und Gleichung ((3) hier). Ein Beispiel für die Nutzung finden Sie in der offiziellen Dokumentation des Programmpakets hier. Eine lauffähige Adaption mit weiteren Erklärungen finden im tools
-Verzeichnis dieses Repositories hier.
Zur Implementierung eines geeigneten Objekts der MultiFit
-Klasse sollten Sie zwei XYFit
-Objekte zu den Modellen \omega_{N}^{(1)}(\omega, \theta_{z}', \theta_{y}', \theta_{z}') und \omega_N^{(2)}(\omega, \theta_{z}', \theta_{y}', \theta_{z}', \theta_{\mathrm{Z}}) für die Messungen der Nutation und i XYFit
-Objekte zu den Modellen T^{(i)}(\omega, \theta_{z}', m_{\mathrm{Stab}}^{(i)}, s^{(i)}, g) für die Messung(en) der Präzession definieren, wobei i den verwendeten Konfigurationen mit zusätzlichem Gewicht am Stahlstab entsprechen. Geben Sie für jedes XYFit
-Objekt auch die Unsicherheiten auf \omega individuell an. Da es sich für jede Messung um neu aufgenommene Messpunkte handelt sind die Unsicherheiten zu verschiedenen XYFit
-Objekten (nicht nicht, wie im oben verlinkten Beispiel einer Strom-Spannungs Kennlinie) nicht korreliert.
Nach erfolgreicher Implementierung erhalten Sie die Zentralwerte und Unsicherheiten auf \theta_{x}', \theta_{y}' und \theta_{z}' aus der Anpassung.
Bestimmung der Masse des Rotors
Die Masse des Rotors können Sie aus der Annahme abschätzen, dass dieser in erster Näherung einem flachen Zylinder entspricht. Daraus besteht der folgende Zusammenhang \begin{equation*} \theta_{z}' = \frac{1}{2}M_{\mathrm{Rotor}}\left(\frac{d_{\mathrm{Rotor}}}{2}\right)^{2}, \end{equation*} wobei M_{\mathrm{Rotor}} der Masse und d_{\mathrm{Rotor}} dem Durchmesser des Rotors entsprechen. aus der Kenntnis von \theta_{z}' und d_{\mathrm{Rotor}} lässt sich so M_{\mathrm{Rotor}} abschätzen.