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Fakultät für Physik

Physikalisches Praktikum P2 für Studierende der Physik

Versuch P2-72, 73, 83 (Stand: März 2024)

Raum F2-19

Gammaspektroskopie

Motivation

Bei Experimenten der Kern- und Teilchenphysik ist neben den Fragen nach Art und Ort einer Wechselwirkung die Frage nach dem Impuls und der Energie der Reaktionsprodukte besonders wichtig. In der Teilchenphysik misst man die Energie eines einlaufenden Teilchens mit Hilfe eines Kalorimeters. Das Prinzip besteht darin, das Teilchen komplett im Detektor zu stoppen und die dadurch im Detektor deponierte Energie zu bestimmen. In diesem Versuch untersuchen Sie die Energie hoch-energetischer Photonen aus dem \gamma-Zerfall verschiedener radioaktiver Präparate. Der Nachweis erfolgt mit Hilfe eines Szintillationszählers, bestehend aus einem Thallium-dotierten \mathrm{NaJ}-Einkristall, mit dem Sie die Energie E_{\gamma} des einlaufenden Photons \gamma bestimmen können. Das Messprinzip ist das gleiche, wie für ein Kalorimeter der Teilchenphysik. Bei \mathrm{NaJ} handelt es sich um einen Szintillator, der beim Durchgang geladener Teilchen selbst zur Emission von Photonen angeregt wird. Die vom Szintillator emittierten Photonen haben eine um mehrere Größenordnungen niedrigere Energie als E_{\gamma}, deren exakter Wert \Delta E vom Material des Szintillators abhängt. Ein Photon kann durch drei verschiedene Prozesse mit Materie in Wechselwirkung treten:

  • Photoeffekt: das Photon schlägt ein Elektron aus der Hülle eines Atoms, dabei geht die gesamte Energie des Photons auf das Elektron über;
  • Compton-Effekt: das Photon wird elastisch an einem Elektron in der Hülle eines Atoms gestreut, d.h. das gestreute Elektron nimmt einen Teil der Energie des einfallenden Photons (\gamma) auf, ein Photon (\gamma^{\prime}) niedrigerer Energie wird dabei emittiert; und
  • Paarbildung: das Photon zerfällt, im elektromagnetischen Feld, z.B. eines Atomkerns, in ein Elektron-Positron-Paar, die Energie des Photons geht dabei zu gleichen Teilen auf das Elektron und das Positron über.

Je nach dem Wert von E_{\gamma} tragen diese Prozesse mit unterschiedlich hoher Wahrscheinlichkeit zur Wechselwirkung des Photons mit dem Detektor bei. In jedem Fall überträgt das Photon seine Energie auf elektrisch geladene Elektronen. Ein hoch-energetisches Elektron (oder Positron) kann selbst wieder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (durch Bremsstrahlung) Photonen abstrahlen, die wiederum, wie oben beschrieben, mit Materie in Wechselwirkung treten. Auf diese Weise entsteht im Material ein sogenannter elektromagnetischer Schauer, der schließlich, solange er vollständig im Detektor zum erliegen kommt im statistischen Mittel zur Emission von

\begin{equation*} \langle n_{\gamma}\rangle = \frac{E_{\gamma}}{\Delta E} \end{equation*}

Szintillationsphotonen führt. Gelingt es diese Photonen einzusammeln und (wiederum durch den Photoeffekt) nachzuweisen lässt sich aus dem so erzeugten Photostrom E_{\gamma} bestimmen. Dies ist bis zum heutigen Tag das Prinzip jedes Szintillations-Kalorimeters in der Teilchenphysik.

Am CMS Experiment des LHC verwendet man z.B. Bleiwolframat (\mathrm{PbWO_{4}})-Einkistalle, um hoch-energetische Photonen und Elektronen im Kalorimeter auf die kurze Distanz von \ell\approx30\,\mathrm{cm} möglichst zu stoppen und ihre Energie zu bestimmen.

Lehrziele

Wir listen im Folgenden die wichtigsten Lehrziele auf, die wir Ihnen mit dem Versuch Gammaspektroskopie vermitteln möchten:

  • Sie lernen Funktionsweise, Aufbau und Verwendung eines Szintillationszählers kennen.
  • Sie experimentieren mit radioaktiven Präparaten und untersuchen deren Eigenschaften.
  • Sie studieren die Wechselwirkung von Licht mit Materie und identifizieren entsprechende Signaturen im Energiespektrum des Szintillators.
  • Sie diskutieren den Zusammenhang der Energieauflösung des Detektors mit den statistischen Prozessen der Messung.

Versuchsaufbau

Ein typischer Versuchsaufbau ist in Abbildung 1 gezeigt:

Abbildung 1 (Typischer Aufbau des Versuchs Gammaspektroskopie)


Der Photodetektor wird mit Hochspannung (bei etwa 600\,\mathrm{V}) betrieben und ist auf ein Stativ montiert. Sie erhalten die radioaktiven Proben von Ihre:r Tutor:in. Diese sind in Aluminium-Zylinder eingeschlossen, die die \beta-Strahlung der Präparate hinreichend abschirmt. Zur Messung werden die Probenzylinder mit ihrer Stirnfläche in die Nähe der Stirnfläche des Photodetektors gebracht. Die im Detektor nachweisbare Intensität eintreffender \gamma-Strahlen hängt stark vom Abstand der Probe vom Detektor ab. Die Auslese des Signals erfolgt über einen Vielkanalanalysators (Multichannel analyzer MCA) vom Typ Rep Pitaya. Eine einfache graphische Benutzeroberfläche erlaubt die Beobachtung der aufgezeichneten Signale, während der Datennahme, unter Verwendung des MCA als Oszilloskop oder Spektrumanalysator. Zur abschließenden Auswertung können Sie das aufgezeichnete Spektrum z.B. in csv-Format ausgeben lassen.

Wichtige Hinweise

  • Die Kernphysik-Räume stellen einen innerbetrieblichen Überwachungsbereich dar. Dies bedeutet, u.a. dass wir zu Ihrer Sicherheit permanent die auftretende Strahlendosis in diesen Räumen aufzeichnen. In einem innerbetrieblichen Überwachungsbereich gelten nach der Strahlenschutzverordnung des Bundes besondere Regeln, die Sie unbedingt beachten und einhalten müssen. Mehr Information finden Sie auf den entsprechenden Webseiten des P1- und P2-Praktikums.
  • Die Versuche der Kernphysik dürfen erst nach Teilnahme an der Strahlenschutzbelehrung durchgeführt werden, die in der Regel während der Vorbesprechung zum Praktikum stattfindet.
  • Der Zugang zum Bunker für radioaktive Präparate ist nur den Betreuern gestattet.

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